Brunnenvergifter
Die Verbindung von Juden mit Krankheiten und Seuchen geht weit zurück. Große Verbreitung fand diese Verschwörungstheorie aber vor allem in der Zeit der Pest in Europa im 14. Jahrhundert. Heutzutage finden sich ähnliche Verschwörungstheorien vor allem rund um die Corona-Pandemie, die dann in den Augen der Verschwörungsideologen von Juden verursacht oder gar inszeniert worden sei.
Fakten
- Seit dem 14. Jahrhundert
- Ursprung in der Pest
- Weil die Menschen sich die Pest nicht erklären konnten, suchten sie Schuldige
- Im 19. Jahrhundert wurde die Legende von den Brunnenvergiftern dann von Rassisten weiter ausgebreitet
- In der Corona-Zeit haben Verschwörungsideologen die alte Legende dann auf das Virus übertragen
Als im 14. Jahrhundert die Pest über Europa (und weite Teile der Welt) zog, wussten die Menschen nicht, was diese Krankheit hervorruft oder wie man sie wirklich heilen konnte. Doch ihre Welt geriet aus den Fugen, Millionen von Menschen (einer damals noch sehr viel geringeren Weltbevölkerung) starben.
Da sich zu der Zeit keine rationale Erklärung finden ließ, konzentrierte sich die Wut vieler Menschen auf eine kleine Gruppe, die ohnehin schon am gesellschaftlichen Rand stand: die Juden.
Den Juden wurde vorgeworfen, sie würden die Krankheit mit Absicht verbreiten, um sich wegen vorangegangener Diskriminierung zu rächen oder einfach aus Boshaftigkeit gegen Christen, weil sie angeblich mit dem Teufel im Bunde stehen würden (mehr dazu auch bei Gottesmordlegende hier).
Zu diesem Zweck hätten sie dann angeblich die Brunnen der Städte und Dörfer vergiftet, was die Pest verursacht hätte.
Hier spielt auch der Mythos der Heimatlosigkeit der Juden eine Rolle, die so einen ganzen Ort vergiften und einfach weiterziehen könnten (hier), während sie in Wahrheit doch genauso von dem Wasser tranken und in den Orten lebten wie alle anderen auch. Doch wie es Verschwörungsmythen so an sich haben, zählte die Wahrheit nicht und die Erzählung breitete sich immer weiter aus und verfestigte sich.
Im 19. Jahrhundert dann, als sich der rassistische Antisemitismus entwickelte, der Juden als vermeintliche Rasse mit besonders verwerflichen Merkmalen ansah, wurden diese alten Mythen mit in die Ideologie eingeflochten.
In Karikaturen wurden Juden als Moskitos, Heuschrecken oder Ratten dargestellt. Tiere also, die Krankheit und Tod mit sich bringen und allgemein als Ungeziefer angesehen werden. Außerdem wurde Juden zugeschrieben, feige und hinterlistig zu sein, was dazu führte, sie mit Gift und Giftmorden zu assoziieren; zum Kampf „Mann gegen Mann“ – der als ehrenhaft verklärt wurde – seien sie nicht in der Lage.
Heute zeigt sich dieser Mythos in unterschiedlichen antisemitischen Verschwörungserzählungen. So wurden besonders während der Corona-Pandemie Juden von der verschwörungsideologischen Szene bezichtigt, das Virus in die Welt gebracht zu haben, um die Weltbevölkerung zu vergiften. Oder ihnen wurde vorgeworfen, sie wollten durch die Coronaschutzimpfungen, die in diesem Weltbild ebenfalls von der jüdischen Weltverschwörung erdacht worden sei, Menschen vergiften oder durch implantierte Chips ihre Gedanken kontrollieren.
Und auch Verschwörungserzählungen über Israel dürfen in diesen Kontext nicht fehlen: Israel – hier als moderne Chiffre für Juden verwendet – wird dabei bezichtigt, Wasser abzugraben oder zu vergiften, von dem die palästinensische Bevölkerung leben würde (mehr zu israelbezogenem Antisemitismus findest du hier).