Verschwörungsdenken bei QAnon

Hinter dem umständlichen Kürzel steckt eine ganze Reihe von verschiedenen Erzählungen, die sich hinter der oft auf Demonstrationen gezeigten Symbolen verstecken. Vorläufer war der sog. Pizzagate Skandal. Geleakte Emails eines Mitarbeiters von Hillary Clinton, der damaligen Außenministerin der USA und Präsidentschaftskandidatin, sollten 2016 angeblich zeigen, dass eine globale Elite Kinder in unterirdischen Verstecken missbrauche und aus ihrem Blut Adrenochrom gewinne (s. Beitrag zu Adrenochrom). Einer der Eingänge zu einem solchen Versteck, sollte sich angeblich in einer Pizzeria in der US-Hauptstadt Washington D.C. befinden. Am 4. Dezember 2016 stürmte ein schwer bewaffneter Mann die Pizzeria, um die angeblich im Keller gefangenen Kinder zu befreien. Doch gab es dort nicht nur keine gefangenen Kinder, es gab nicht einmal einen Keller. 

Im Jahr darauf begann ein unbekannter User unter dem Kürzel Q auf dem Imageboard 4Chan zu posten. Er behauptete, ranghoher Geheimdienstmitarbeiter zu sein, der über Insiderinformationen verfüge und nun sein Schweigen breche. In kryptischen Nachrichten gab er Hinweise auf eine angebliche Verschwörung, die Kinder entführe und die Weltherrschaft anstrebe. Donald Trump, damals frisch gewählter US-Präsident, sei der einzige, der sich dieser Verschwörung in den Weg stelle. Deshalb werde versucht, ihn aus dem Amt zu drängen. Dabei spiele auch der „Deep State“ eine wichtige Rolle, also ein Staat im Staate, gesteuert von einer geheimen Gruppe, die die wahre Macht in hätten. Statt Belege zu liefern, forderte Q seine Gefolgschaft auf, selbst zu denken und zu recherchieren. Dies führte zu immer bunter ausgeschmückten Verschwörungserzählungen, die besonders während der Corona-Pandemie explosiv verbreiteten. Seinen vorläufigen Höhepunkt fand die QAnon-Bewegung nach der Wahlniederlage Donald Trumps und der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021, bei der gewaltbereite Anhänger*innen Trumps und der QAnon-Theorien in den US-Kongress eindrangen, um die Ratifizierung der Wahlergebnisse zu verhindern. 

Die Verschwörungserzählungen rund um QAnon sind zutiefst antisemitisch. Sie kleiden den alten Mythos der jüdischen Weltverschwörung in ein neues Gewand. Die angeblich Schuldigen werden oft mit jüdischen Namen identifiziert oder als Juden markiert, auch wenn sie gar keine sind. Die Erzählungen sind anschlussfähig an die Verschwörungstheorie der New World Order und vermengen sich mit Lügen und Desinformationen über das Coronavirus. Und auch die Vorstellung des Deep State, der gegen das Volk und seine eigentlichen Vertreter*innen arbeite, ist dem alten antisemitischen Mythos der Juden als innere Feinde und Zersetzer entlehnt. 

Zum Weiterlesen:
https://www.vielfalt-mediathek.de/wp-content/uploads/2021/02/Juedisches-Forum-QAnon_Vielfalt-Mediathek.pdf