Strippenzieher im Verborgenen

Eine zentrale, global organisierte Kontrolle der Welt stellt sich als Gefahr dar, die die Verschwörungsgläubigen vermeintlich erkannt haben und bekämpfen wollen. Das „Aufdecken“, Enttarnen, „Ans-Licht-bringen“ spielt dabei eine sehr große Rolle: allein dadurch wird ihrer Logik zufolge nämlich die große Macht der angeblichen klandestinen Strippenzieher gebrochen. Das klingt wie eine Gespenstergeschichte oder alte Mystik? Genau so funktioniert auch die Logik dieses Verschwörungsmythos, der die Welt in eine dunkle, bedrohliche, geheime Machtsphäre und eine helle, heile und übersichtliche – aber bedrohte – Welt teilt. Allein das „Licht-in-die-Sache-Bringen“ soll die Missstände bessern, die Verhältnisse ändern – der Vampir zerbröselt von der Sonne getroffen zu Staub.

Hier wird auch klar, warum die Vorstellung von dieser Verschwörung nicht nur Angst macht und bedrohlich wirkt, sondern zugleich auf subtilere Weise den Gläubigen ein Gefühl von Sicherheit gibt. Unfassbares, Abstraktes und Unverständliches werden zusammengedampft und erscheinen nur noch als das Ergebnis des einen oder mehrerer böser Pläne geheimer Eliten. Nicht nur sind Gut und Böse klar definiert und getrennt, auch die Einflussmöglichkeiten auf den Lauf der Dinge schrumpfen auf ein erträgliches Niveau zusammen. Die Erleuchteten müssen das Wissen über die dunklen Zirkel verbreiten und die bösen Strippenzieher enttarnen – und vernichten. Eine Auseinandersetzung mit komplexen Machtstrukturen, mit den teilweise sehr unübersichtlichen Grenzen von Politik und Wirtschaft, oder auch dem Unterschied zwischen moralischen und juristischen Standards, wird so überflüssig und muss nicht auf sich genommen werden.