Jüdische Weltverschwörung
Die jüdische Weltverschwörung oder auch der Glaube, die Welt sei von „den Juden“ beherrscht ist die offensichtlichste Form antisemitischer Verschwörungsmythen. Sie geht zurück auf das 19. Jahrhundert und wurde vor allem im Machwerk Die Protokolle der Weisen von Zion zu Beginn des 20. Jahrhunderts weltweit verbreitet. Heute finden sich viele Varianten des Mythos und zahlreiche moderne Verschwörungsmythen laufen letztlich darauf hinaus, dass hinter ihnen eine jüdische Weltherrschaft stecken würde. Oy vey, was für ein Mumpitz!
Fakten
- Ursprung in den sog. Protokolle der Weisen von Zion
- Verbreitung zu Beginn des 20. Jahrhunderts
- Vorstellung hinter allen als negativ wahrgenommenen Entwicklungen der Moderne würde eine geheime Verschwörung stecken
- Die Juden als Sündenböcke für alles als negativ Erlebtes
Der Mythos der jüdischen Weltverschwörung ist wie ein Sammelbecken für zahlreiche andere Verschwörungserzählungen. Dahinter steckt der Glaube, Juden – eine winzige Gruppe, die weniger als 1 Prozent der Weltbevölkerung ausmacht – würden im geheimen die Welt beherrschen. In diesem zutiefst antisemitischen Weltbild werden Juden für alles Negative verantwortlich gemacht. Dabei geht es nicht darum, was Jüdinnen und Juden tatsächlich tun oder lassen, sondern es geht darum, wovor sich die Verschwörungsideolog*innen fürchten. In diesem Weltbild können „die Juden“ dann auch für den Kapitalismus genauso verantwortlich sein wie für den Kommunismus und den Liberalismus. In einer sich verändernden Welt wird das Unverstandene und Ungewollte dann einer kleinen Gruppe Menschen zugeschoben, die man aus der eigenen Wir-Gruppe ausschließen kann.
Komplexe Sachverhalte werden so auf ein einfaches Freund-Feind-Denken reduziert. Das entlastet die Verschwörungsgläubigen psychologisch gleich auf zwei Weisen: Zum einen schafft es ein Gefühl, die Welt verstanden zu haben, wissend zu sein und reduziert so auch die Verunsicherung über eine komplizierte Gegenwart und unbekannte Zukunft. Zum anderen schafft es eine gewisse Handlungsmacht. Die Verschwörungsgläubigen finden Gleichgesinnte im Internet, gehen gemeinsam auf die Straße zu Demonstrationen und erfahren so eine Selbstwirksamkeit, die ihnen ansonsten im Alltag oft vorenthalten bleibt.
Besonders deutlich tritt die enge Verbindung von Verschwörungsdenken und Antisemitismus im Übergang vom 19. Zum 20. Jahrhundert hervor, als der Mythos der jüdischen Weltverschwörung an Popularität gewann. In dem fiktionalen Werk „Die Protokolle der Weisen von Zion“ wurden angebliche Treffen einer jüdischen Geheimregierung dargestellt, die die Geschicke der Welt im Verborgenen lenken würde. Sie würden die Medien und Banken beherrschen, hätten die Demokratie erfunden genauso wie den Kapitalismus und würden die meisten Regierungen kontrollieren. Alles, um eine neue Weltordnung zu schaffen, an deren Spitze dann die Juden stehen würden. Diese antisemitische Vorstellung einer jüdischen Weltherrschaft war dann auch treibende Kraft hinter dem Vernichtungswahn im Nationalsozialismus.
Im Nationalsozialismus wurden Juden zum Hauptfeind erklärt und aus der deutschen „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen. Sie wurden für alles Übel auf der Welt verantwortlich gemacht und sollten angeblich die USA genauso beherrschen wie die Sowjet Union, aber auch im Innern bereits Medien, Banken, Politik und viele weitere gesellschaftliche Bereiche unterwandert haben. Um diesen übermächtigen – und komplett ausgedachten – Feind zu besiegen, blieben nur die extremsten Mittel, die letztendlich zur Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden führten.
Heute integriert der Mythos der jüdischen Weltverschwörung die verschiedensten Verschwörungserzählungen. So lassen sich kleinere Erzählungen über Einzelpersonen oder Gruppen in das Bild einer mächtigen Elite einbinden, die alle zusammenhängen und gemeinsam eine Art Weltregierung bilden würden. Daher zeigt sich der Mythos der jüdischen Weltverschwörung heute besonders häufig unter dem Code NWO – New World Order.